Im Folgenden dokumentieren wir die Rede der Vorsitzenden des Katholikenrates im Bistum Dresden-Meißen, Martina Breyer, anlässlich der Ausrufung der „Allianz für die Schöpfung“ am 5. September 2020 in Coswig.

Martina Breyer, Vorsitzende des Katholikenrates
Martina Breyer, Vorsitzende des Katholikenrates

Sehr geehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Auftaktes zur Allianz für die Schöpfung,

eine Gruppe mit großer Vielfalt hat sich hier heute versammelt, unser Herr Bischof Heinrich, Mitglieder des Katholikenrates, Gemeindemitglieder der Pfarrei St. Benno Meißen, Umwelt-Engagierte ehrenamtlich und hauptamtlich, Vertreterinnen und Vertreter verschiedener katholischer Verbände und Gemeinschaften, beruflich Involvierte, jüngere und ältere Interessierte  …  allesamt liebe Gäste: ich heiße Sie als Vorsitzende des Katholikenrates herzlich willkommen und freue mich, dass Sie sich heute für die Allianz für die Schöpfung auf den Weg nach Coswig gemacht haben! Danksagen möchte ich der Gemeinde Heilig Kreuz hier in Coswig und der Pfarrei St. Benno Meißen für die freundliche Aufnahme in Ihren Räumen und die breite Unterstützung. Herzlichen Dank dafür.

„Die beste Zeit einen Baum zu pflanzen war vor 20 Jahren, die nächstbeste Zeit ist heute“ – ob nun diese Weisheit aus Uganda oder China stammt oder ob sie von einem Dichter formuliert wurde, muss leider offenbleiben. Nichtsdestotrotz bleibt dieser Sinnspruch bedenkenswert: „Die beste Zeit einen Baum zu pflanzen war vor 20 Jahren, die nächstbeste Zeit ist heute“ – Im ersten Hinhören klingt dies sehr werbend für unsere Baumpflanzaktion, die wir mit dem Beitritt zu unserer Allianz für die Schöpfung verbunden haben. Im zweiten Nachdenken über diesen Sinnspruch wird uns aber mehr deutlich: die Übernahme von Verantwortung für die Zukunft – generationenübergreifend.

Vom heutigen Standpunkt aus gesehen, wäre es von Vorteil, sinnvoll gewesen, wäre der Baum schon in der Vergangenheit, vor 20 Jahren gepflanzt worden, wäre da schon gehandelt worden! Dann hätten wir heute den Nutzen davon einen großen Baum mit seinen Früchten, seinem Schatten und seinem ökologischen Wert.  „… die nächstbeste Zeit ist heute“  – nimmt uns Gegenwärtige aber klar in die Verantwortung – egal, warum in der Vergangenheit der Baum nicht gepflanzt wurde, wir sind aufgefordert es jetzt zu tun – jetzt, heute den Baum zu pflanzen, nicht weitere Zeit verstreichen zu lassen, weil wir wissen, dass er den nachfolgenden dienlich, von Vorteil sein wird –  weil sie ihn brauchen. Er ist wohl sehr menschlich – dieser Trägheitsmoment, der auch in diesem Sinnspruch beschrieben ist!  Ein Moment, eine Trägheit –  die durchaus Jahre dauern kann.

Vor 19 Jahren wurde in der Charta Oecumenica, einer Vereinbarung verschiedenen europäischer Kirchen, im neunten Leitsatz, der übrigens auch die Einführung einer Ökumenischen Schöpfungstages empfiehlt,  formuliert: „…wir sehen mit Schrecken, dass die Güter der Erde ohne Rücksicht auf ihren Eigenwert, ohne Beachtung ihrer Begrenztheit und ohne Rücksicht auf das Wohl zukünftiger Generationen ausgebeutet werden. Wir wollen uns gemeinsam für nachhaltige Lebensbedingungen für die gesamte Schöpfung einsetzen. …“ Und weiter: „Wir verpflichten uns, einen Lebensstil weiter zu entwickeln, bei dem wir gegen die Herrschaft von ökonomischen Zwängen und von Konsumzwängen auf verantwortbare und nachhaltige Lebensqualität Wert legen.“

Vor 19 Jahren!
Haben wir, die christlichen Kirchen Europas, diesen Baum der Veränderung, des Umdenkens schon gepflanzt oder ist es nicht noch zu tun? Sind nicht Umweltverbände und – Initiativen auf diesem Felde uns weit voraus? Haben sie nicht schon vor Jahren diese Gedanken-, Umkehr-  und Veränderungsbäume gepflanzt, von denen wir in Europa jetzt ernten in Form von umweltpolitischen und auch sozialen Verbesserungen? Wurde unsere Verantwortung für die Schöpfung nicht viele Jahre nur in kleinen Umwelt- und Eine-Welt-Gruppen innerhalb unserer Kirchen thematisiert und wahrgenommen? Für mich stehen die endlos und meist erfolglos geführten Diskussionen um den Gebrauch von fair gehandeltem Kaffee in der Gemeinde dafür exemplarisch.

Wie dankbar und froh waren die unermüdlichen Umwelt- und eine-Welt-Aktiven dann, als Papst Franziskus in seiner Enzyklika `Laudato Si` ihre Anliegen zur „Chefsache“ machte und in einmaliger Weise den Menschen weltweit die Klage der Erde und die Klage der Armen in dem Zusammenhang darstellte, in dem sie auch tatsächlich stehen. Bischof Overbeck schreibt zum fünften Jahrestag der Enzyklika: „Die Enzyklika ist durchdrungen von dem Grundgedanken, dass Ökologie und Soziales zusammengedacht werden müssen: Die Sorge für die Menschen und der Schutz der Ökosysteme sind untrennbar miteinander verbunden. Dazu gehört es auch, die Lebensstile anzupassen, damit der Mensch wieder im Einklang mit der Schöpfung und mit sich selbst lebt.“  Welch großen Anklang fand und findet dieses Schreiben über Kirchenkreise hinaus – gerade bei denen, die schon seit langem diese Bäume des Umdenkens pflanzen wollen und pflanzen!

Uns, die Mitglieder des Katholikenrates im Bistum Dresden-Meißen, hat `Laudato Si` inspiriert und in Bewegung gebracht. Die Initiative „Allianz für die Schöpfung“ ist ein Ausdruck dafür, dass wir uns unseres Teils der großen Verantwortung bewusst werden. Es gilt nicht, zu sagen, da kann man ja eh nichts machen, ob ich jetzt weniger Auto fahre oder auf ein Schnitzel verzichte, was macht das schon. Nein – dieses Argument sticht nicht. Wenn viele erste Schritte machen, sich ihres Lebensstils bewusster werden, eine nachhaltige Veränderung versuchen, so ändert sich nicht nur ihr Verhalten sondern ebenso ihre Haltung. Für uns Christinnen und Christen  eine Haltung aus dem Glauben an unseren Schöpfergott heraus, der uns seine Schöpfung anvertraut hat;  eine Haltung aus dem Glauben  an Jesus Christus heraus, der uns die Sorge um den Nächsten gelehrt hat! Und ich bin überzeugt, dass genau dies auch in unserem Umfeld spürbar wird.

Liebe Gäste, warum eine Allianz, wenn ich doch auf mich oder eine Gruppe auf sich bezogen diese Selbstverpflichtung eingeht? Zu einer Allianz zusammen zu kommen, sie zu bilden, stärkt jedes einzelne Mitglied. Wir sind mit unserer Zusage nicht allein, andere sind mit uns auf diesem Weg zu einem veränderten, einem nachhaltigeren Lebensstil. Dazu können wir voneinander lernen: Was macht ihr? Wie setzen wir die Leitsätze um? So wachsen nicht nur die Bäume und Sträucher, die die Erstunterzeichner als Erinnerung pflanzen werden, sondern auch das Umdenken und das veränderte Handeln! Auch unsere Veranstaltung heute ist geprägt durch die Corona-Situation. Neben mancherlei Belastungen, Leid und Sorgen wurden viele Menschen auch nachdenklich, empfanden die Entschleunigung, wenn sie diese denn erleben konnten, während des Lockdowns als wohltuend und vermissten den Kontakt zu den Freunden oder den Großeltern weitaus schmerzlicher als die Shopping-Angebote. Auch ein Umdenken!

Ich möchte noch einmal Bischof Overbeck zitieren: „ `Laudato Si´ kann uns auch in der gegenwärtigen Krisenzeit … ein hilfreicher Kompass sein. … Wenn in Deutschland und der Welt die Wirtschaft und das öffentliche Leben in der Corona-Krise wieder in Schwung gebracht werden, sollten Maßnahmen an erster Stelle stehen, die auf eine klima- und umweltfreundliche Zukunft ausgerichtet und sozial ausgewogen sind. Gehen wir mutig nach vorne! … Jenseits von Partikularinteressen stehen alle in der Verantwortung, für unser gemeinsames Haus Sorge zu tragen.“

Liebe Anwesende, „die beste Zeit einen Baum zu pflanzen war vor 20 Jahren, die nächstbeste Zeit ist heute“. Wenn wir oder die vorangegangene Generation die beste Zeit versäumt haben sollten, so lassen Sie uns die nächstbeste wahrnehmen, und heute Bäume der Veränderung pflanzen.

Vielen Dank!

Gemeinsam „Bäume der Veränderung“ pflanzen